Wenn ich durch die diversen Aquaristik-Gruppen bei Facebook stöbere, fällt mir immer wieder auf, wie wenig Aquarianer dort aktiv sind, die wirklich Ahnung und Erfahrung haben und trotzdem gerne die zeitaufwändigen Fragen der Neueinsteiger beantworten. Viele Beratungen und Unterhaltungen, Diskussionen und Auseinandersetzungen finden zwischen Anfängern und solchen Anfängern statt, die sich nicht mehr für Anfänger halten. Besonders ineffektiv werden Diskussionen immer dann, wenn auch erfahrene Aquarianer ein Defizit an Empathie und Kommunikationsfähigkeit offenbaren.

Besonders bewusst geworden ist mir das Problem der sogenannten Fachgruppen bei einer Diskussion über Wabenschilderwelse. Schnell war klar, dass die nicht in das 100-Liter-Aquarium des Themenerstellers passen würden. Das war aber nicht das Ende der Diskussion. Es entbrannte noch ein Shitstorm zur falschen Beratung im Baumarkt und für mich der Höhepunkt: Eine Userin bot an, den Wabenschilderwels bei sich aufzunehmen, denn schließlich hätte sie ein riesiges Aquarium. Mit 180 Litern, wie sich herausstellte. Bitte nicht falsch verstehen: Die Userin hat es durchaus gut gemeint und war sich auch ganz sicher, die richtigen Informationen zur Haltung von Wabenschilderwelsen zu haben. Nur: Woher kommt der Glaube?

Für Anfänger ist die Aquaristik ein durchaus schwieriges Themengebiet, denn die Infos, die wir alle haben, beruhen auf Beobachtungen und Versuch und Irrtum. Es ist noch einiger Maßen nachvollziehbar, dass ein Wabenschilderwels mit einer Endlänge von ca. 50 cm nicht in einem Aquarium gehalten werden kann, das kaum länger ist, als das Tier selbst. Gleiches gilt für viele andere Aquarienfische, die einfach auf Grund ihrer Endgröße nicht für kleine Aquarien geeignet sein können, in denen sie sich kaum umdrehen könnten.

Wie soll aber der Platzbedarf kleiner Salmler bestimmt werden? Empirisch? Das würde bedeuten, die Fische alleine, zu zweit, zu dritt, zu viert, zu fünft, zu sechst, zu siebt, zu acht, zu neunt, zu zehnt, usw. über Jahre bei sonst gleichen Bedingungen, wie Wasserwerte, Fütterung, Einrichtung, Vergesellschaftung in Aquarien mit 30, 40, 54, 60, 100, 120, 160, 200, 240, 300, 400, 450, 540, 640, 720 Litern zu halten. Am Ende könnte man anhand der Dokumentation der aufgetretenen Krankheiten, Verhaltensauffälligkeiten, Fortpflanzungsverhalten, Lebensdauer, etc. auswerten, welche Haltung in welcher Aquariengröße für die Tiere am empfehlenswertesten zu sein scheint. Allerdings kommen dann noch für die Praxis der Faktor Vergesellschaftung dazu. Also müsste die als optimal ermittelte Gruppenstärke in der optimalen Aquariengröße noch einmal über Jahre hinweg mit den verschiedensten Beifischen beobachtet werden.

Ich wage zu behaupten, dass kein Aquarianer sein Wissen auf Basis einer solchen Erfahrung objektiv ermittelt hat. Wir sollten uns deshalb alle darüber im Klaren sein oder viel mehr Bewusstsein dafür haben, dass unsere Erfahrungen immer nur sehr subjektiv sein können und andere Aquarianer durchaus andere Erfahrungen gemacht haben könnten, die genauso richtig und nachvollziehbar sind und zumindest einmal respektiert werden müssen, wie die eigenen Erfahrungen.

Respekt wäre dann die richtige Basis, um über unterschiedliche Erfahrungen diskutieren zu können und dazu gehört am Ende auch die Einsicht, dass es besser ist, sich nicht an Diskussionen zu beteiligen, zu denen man keine eigenen Erfahrungen beisteuern kann und höchstens die Erfahrungen Dritter weiterverbreiten könnte, ohne diese auf deren Sinnhaftigkeit überprüfen zu können. Würde dies berücksichtigt, wäre es schnell vorbei mit Anfängern, die andere Anfänger beraten.

Woher sollen dann die Infos kommen?

Was offenbar komplett aus der Mode gekommen zu sein scheint, ist das gute alte Buch. Zur Aquaristik gibt es zahlreiche Bücher und meine Empfehlung wäre: Vor dem praktischen Einstieg in die Aquaristik sollte jeder mindestens 3 Einsteigerbücher zur Aquaristik im Allgemeinen gelesen und verstanden haben. Dazu noch 3 Bücher über das Biotop, dessen Thema er nach der Lektüre für sein Aquarium bestimmt hat. Den Informationsgehalt und die Richtigkeit des geschriebenen Wortes sollte in der Folge in der praktischen Umsetzung überprüft und hinterfragt werden. Nur wer sich kritisch und neugierig mit dem Thema Aquaristik auseinandersetzt, wird viel lernen und das komplexe Thema irgendwann beherrschen.

Zusätzlich ist es eine gute Idee, ein Aquarium so einzurichten, wie es erfahrene Aquarianer machen. Eine gute Kopie eines bestehenden Aquariums ist immer besser als schlecht selbst gemacht. Erfahrene Aquarianer kannst du in einem Aquarienverein in deiner Nähe kennenlernen oder du schaust dir die Aquarien auf www.einrichtungsbeispiele.de an. Wichtig ist es aber auch hier: Immer mit einem wachen Auge und geschärften Verstand an die Informationen herangehen, denn auch erfahrene Aquarianer sind nicht frei von Fehlern und individuell einzigartigen Erfahrungen.

Wenn du bereits ein Aquarium hast, kann es nicht schaden, dir ein ehrliches Feedback von Aquarianern zu holen, die du gut einschätzen kannst und weißt, wie gut sie das Hobby beherrschen. Dieses Feedback solltest du gegen deine eigenen Erfahrungen abgleichen und dir immer bewusst sein, dass es jeden Tag etwas neues zu lernen gibt. Genau das macht das Hobby jeden Tags aufs Neue spannend.

 

 

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tom
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